Spaghetti, Penne, Tortellini, Farfalle – Nudeln gibt es in den verschiedensten Ausführungen. Eine Art kannte ich allerdings noch nicht: Die Kärtner Nudel. Auf meiner Kärntenreise habe ich deshalb Halt beim Gasthof Grünwald gemacht. Dort haben mir Ingeborg und Gudrun Daberer beim „Nudl-Kudl-Mudl“-Workshop gezeigt, wie ich die große, gefüllte und echt hübsche Nudel richtig „krendel“.

Weil Kochen nicht nur Nebensache sein sollte
Der Workshop ist Teil des „Slow Food Travel“. Eine super schöne Idee, die einen zurück zu den „Kochwurzeln“ und weg von Fertigtüte, 5-Minuten-Terrine und Co. bringt. Slow Food wurde 1989 von Carlo Petrini aus Bra im Piemont gegründet. Er war überzeigt davon, dass Lebensmittel richtig gut schmecken, ökologisch und nachhaltig hergestellt und zu fairen Preisen angeboten werden sollten. Mittlerweile ist die Slow Food-Bewegung in 130 Ländern mit rund 100.000 unterstützenden Mitgliedern bekannt. Sie alle versuchen, ein gewisses Bewusstsein für Qualität, Aroma, Duft und Geschmack von Lebensmitteln zu vermitteln.
Das heißt eben auch, dass wir so etwas wie Nudeln nicht unbedingt fertig kaufen müssen. Eigentlich erstaunlich, wie schnell etwas wie Nudelteig gemacht ist und wie selten wir ihn letztendlich wirklich selber machen. Sich beim Kochen Zeit zu nehmen, auf die Zutaten zu achten, jeden einzelnen Duft wahrzunehmen, jede Konsistenz zu spüren und so aus dem Kochen etwas ganz Besonderes zu machen – das macht wirklich Spaß und sollte, wie ich finde, öfter Platz in unserem Alltag finden.
Eine Nudel mit Tradition
Angekommen im Gasthof Grünwald wurde ich erstmal herzlich von den beiden Meisterköchinnen begrüßt. Das „Nudln krendeln“ ist in Kärtnen eine echte Tradition. Die Daberer-Schwestern haben es noch von klein auf gelernt. Alteingesessene Kärtnener sind sogar davon überzeugt: nur wer ordentlich krendeln kann, ist heiratsfähig. Mittlerweile ist die Tradition aber, wie so oft, dem schnelllebigen Alltag der jungen Generation zum Opfer gefallen. „Oft kommen aber junge Kärntener zu uns und wollen es wieder lernen“, berichtet Ingeborg Daberer mit etwas Stolz und Zufriedenheit in der Stimme. Zum Glück, wie ich finde.
Ausgestattet mit Küchenschürze und einer Menge Neugier ging es dann in die Küche. Füllung zubereiten stand auf dem Plan. Eine der Zutaten, den Landmais, kannte ich vorher gar nicht. Er erinnert etwas an Polenta, ist aber von der Konsistenz her etwas körniger und fester. Gepaart mit angebratenem Speck, Zwiebeln, Kräutern und Käse wird er zur perfekten Füllung für die Nudel. „An sich kann man aber wirklich alles reinfüllen“, erklärt Ingeborg Daberer. Nur relativ fest muss es sein. Dann sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Nudelteig – so einfach kann’s gehen
Als nächstes ist der Hauptdarsteller dran: der Nudelteig. Mehl, Wasser, Salz und Öl im richtigen Verhältnis verknetet – fertig. Wie gesagt, so einfach, dass es erschreckend ist, wie selten wir ihn selber machen. Nachdem der Teig etwas gegangen ist, kann er dann ausgerollt werden. Die richtige Stärke ist hier wirklich wichtig. Nicht zu dick, nicht zu dünn. „Da hat man irgendwann ein Gefühl für“, beruhigt mich Ingeborg Daberer beim Anblick meines anscheinend etwas verwirrten Gesichtsausdruck.

Mit einem „Spezialausstecher“ werden dann Kreise ausgestochen. „Den hat uns ein Bekannter gebastelt. Das war glaub ich mal ein einfaches Rohr“, erzählt Gudrun Daberer grinsend. Wer jetzt nicht unter die Heimwerker gehen möchte: Ein Becher mit dem richtigen Durchmesser tut es auch.

Neben der Füllung die wir gemeinsam gemacht haben, steht nun eine Vielzahl an Leckereien bereit: Tomate-Mozzarella, eine Topfen-Füllung für die Kasnudl und eine süße Füllung aus Dörrbirnen, auch „Kletzen“ genannt. Ein „Nudelteigkreis“ wird nun in die Hand genommen. Mit einem Eisportionierer wird eine großzügige Menge der Füllung mittig darauf platziert. Etwas plattdrücken, zusammenklappen und die Ränder zusammendrücken und schon ist die Nudel fast fertig.


Klingt einfach – ist es aber so überhaupt gar nicht. Am Anfang habe ich mich kaum getraut, wirklich viel Füllung auf den Teig zu geben, weil ich der Überzeugung war, dass ich diese Nudel nie im Leben zusammenbekomme. So sah mein erster Versuch auch eher aus wie eine missglückte Ravioli. Aber: das „Krendeln“ lief dafür umso besser.
Die Nudel in ein Kunstwerk verwandeln
Der entstandene Rand wird auf eine ganz spezielle Art und Weise aufgerollt. Daumen und Zeigefinger arbeiten gleichzeitig, der Teig wird immer wieder von der Seite nach oben geklappt, sodass ein richtig schönes Muster entsteht.

Als ich gerade richtig stolz auf meine Technik war und mir im Kopf schon das Konzept für mein neues Krendel-Restaurant in Deutschland ausgemalt hab, machte ich den Fehler und schaute rüber zu Ingeborg Daberer. In Sekundenschnelle hatte sie eine Nudel nach der anderen geformt. Beim krendeln konnte man kaum genau sehen, was sie da eigentlich macht. Okay, bis ich dahin komme, muss ich definitiv noch ein bisschen üben. „Wir machen hier aber auch am Tag tausende Nudeln wenn es sein muss. Manchmal schauen wir sogar nebenbei Dokus oder Filme. Das ist wirklich reine Routine“, erzählt die sympathische Köchin lachend.
Die Worte bleiben in meinem Kopf, denn nachdem ein bisschen Zeit vergangen war, ist mir eines aufgefallen: Nudeln krendeln ist unfassbar beruhigend. Einfach nur dazustehen und diese zu formen zwingt einen förmlich dazu, den Kopf freizubekommen. Das werde ich mit Sicherheit bald auch am ein oder anderen Wochenende machen.
Geschmackstest bestanden
Nachdem alle Nudeln gefüllt waren, durfte natürlich eines nicht fehlen: Die Verkostung. Im gemütlichen Restaurant des Gasthofs Grünwald warteten wir auf unsere fertigen Kreationen. Kurz in kochendes Wasser geschmissen bis sie an der Oberfläche schwimmen, dann sind die Kärntner Nudeln schon fertig. Angemacht mit etwas Öl und verschiedenen Toppings, ein Beilagen-Salat dazu und: Willkommen im Foodheaven. Gekocht haben die Füllungen nochmal einen ganz anderen Geschmack entfaltet, der Teig ist super zart und trotzdem bissfest.
Dann kam das Highlight: unsere „Kletzennudl“ mit ordentlich Zimt und Zucker drauf und einer Kugel Eis dabei. Ich sag euch: super lecker. Und so einfach gemacht! Bevor es nach Hause ging, durften wir von jeder Art ein paar Nudeln für zu Hause mitnehmen. Etwas vorgegart und dann eingefroren halten sie sich auch recht lange.
Ich muss sagen, dass ich von der kleinen „Slow Food Reise“ begeistert bin. Die herzliche Art der Daberer-Schwestern hat einem sofort das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Beim gemeinsamen krendeln gab es jede Menge Spaß und interessante Geschichten. Wieder ganz bewusst zu kochen führt auch dazu, das fertige Essen anders wahrzunehmen. Man isst bewusster, schmeckt bewusster, genießt bewusster. Ein tolles Erlebnis, aus dem ich einiges für meinen Alltag mitnehmen werde.
Übrigens: was ich überhaupt in Kärnten mache, könnt ihr hier nachlesen.
#heartwords #slowfood